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PRESSEMITTEILUNG NR: 10

LWB-Schatzmeisterin ruft zu nüchterner Einstellung beim Umgang mit Finanzen auf

Inger J. Wremer fordert „ernsthafte“ Diskussion um Prioritäten

Winnipeg (Kanada), 22. Juli 2003 - Die Schatzmeisterin des Lutherischen Weltbundes (LWB) Inger Johanne Wremer hat sich beeindruckt gezeigt von der finanziellen Solidarität der Mitgliedskirchen in den letzten sechs Jahren. Gleichzeitig rief sie zu einer „nüchternen Einstellung zur Finanzstrategie und zum Umgang mit den finanziellen Ressourcen“ in Zeiten sinkender Einnahmen auf.

„Die Jahre seit der Vollversammlung in Hongkong waren eine grosse Bereicherung für den LWB. Aber in finanzieller Hinsicht waren es auch harte und anspruchsvolle Jahre“, sagte die Schatzmeisterin heute in ihrem Bericht an die Zehnte LWB-Vollversammlung.

Der LWB verzeichnete zwischen der Neunten Vollversammlung 1997 in Hongkong (China) und der jetzigen Gesamteinnahmen von 580 Millionen US-Dollar. Davon seien 524 Millionen für Programme, Projekte und Nothilfe bestimmt gewesen, führte Wremer aus.

Sie sei dankbar für die finanziellen Mittel, die dem LWB zur Verfügung stünden, doch sie zeigte sich besorgt darüber, „dass der Bedarf der Mitgliedskirchen grösser ist als die Ressourcen, die zur Deckung dieses Bedarfs vorhanden sind. Selbst in Arbeitsbereichen, die als Priorität erachtet werden, stehen nicht immer die erforderlichen Mittel bereit“, sagte Wremer.

Die Schatzmeisterin ist seit Juni 2000 im Amt und ist Mitglied der Norwegischen Kirche. In ihrem Bericht wies sie darauf hin, dass ein Grossteil der Finanzen des LWB für spezifische Programme und Projekte bestimmt sei, so dass wenig Spielraum bestehe. Wremer drückte ihre Hoffnung aus, dass in Zukunft mehr Mittel zur Verfügung stünden, die nicht zweckgebunden seien, damit der LWB noch flexibler arbeiten und rasch auf neue Situationen und Herausforderungen der Mitgliedskirchen reagieren könne.

Genfer LWB-Sekretariat stark betroffen

Die weiterhin sinkenden Einnahmen beeinträchtigten das LWB-Sekretariat in Genf, führte Wremer aus. In den meisten Jahren seit der Vollversammlung in Hongkong hätten sich die Wechselkursschwankungen zu Ungunsten des LWB ausgewirkt. Deswegen sei das Koordinationsbudget (A-Budget) zwischen 1998 und 2002 um zehn Prozent gesunken, auf das jetzige tragfähige Niveau von 9,5 Millionen US-Dollar.

Die Schatzmeisterin führte diese sinkenden Einnahmen auf eine Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Schweizer Franken um 20 Prozent zurück. Dadurch verteuerten sich die in Genf anfallenden Kosten und erschwerten die Bemühungen um einen ausgeglichenen Haushalt.

Zwar habe der LWB keinen Einfluss auf diese Faktoren, doch sie wirkten sich erheblich auf die allgemeine Finanzlage aus. Deswegen, so Wremer, sei es in den letzten Jahren schwierig gewesen, ein ausgeglichenes A-Budget vorzulegen. Im September 2002 hatte der Rat einen Beschluss verabschiedet, in dem für die Jahre 2004 und 2005 jeweils ein ausgeglichener Haushalt gefordert wurde. Die Zahl der MitarbeiterInnen in Genf verringerte sich von 92 im Jahr 1997 auf 86 im April 2003. „Die geringeren Einnahmen könnten zu einem weiteren Abbau der Belegschaft führen“, warnte Wremer.

Nach Meinung der Schatzmeisterin erfordern Einnahmeeinbussen eine „äusserst umsichtige“ Vorgehensweise, indem Personalkosten sowie die Ausgaben allgemein verringert werden und Stellen für einige Zeit unbesetzt bleiben. Die rückläufigen Einnahmen spiegelten die schwierige wirtschaftliche Lage einiger Mitgliedskirchen wider, sagte Wremer. „Es muss jedoch betont werden, dass die meisten Mitgliedskirchen zum Haushalt beitragen, so viel sie nur irgend können“, betonte sie.

Die schwierige Finanzlage hat auch Folgen für die freien Rücklagen des LWB. 1998 betrugen sie noch 6,7 Millionen US-Dollar, Ende 2002 nur noch 4,9 Millionen. Laut Wremer ist die Lage aber dank strenger Haushaltskontrolle vertretbar. Doch seien „Besonnenheit und radikale Prioritätensetzung innerhalb des LWB“ notwendig.

Die Schatzmeisterin drückte ihre Sorge darüber aus, dass die Einnahmen auch in Zukunft weiter zurückgehen könnten. „Dieser Faktor muss bei der Diskussion über die Ziele des LWB sowie bei der Prioritätensetzung berücksichtigt werden.“ Sie hoffe, dass der bei der Zehnten Vollversammlung gewählte Rat „ernsthaft“ über die Prioritäten diskutiere, die in den kommenden Jahren die zentralen Aufgaben des LWB sein sollen. „Wenn sich die Finanzlage nicht verbessert, so müssen die Aktivitäten eingeschränkt werden“, sagte Wremer.

Der LWB bezieht seine Einnahmen aus Zuwendungen von Kirchen zu den Programmen, Projekten und zum Koordinierungshaushalt, ausserdem aus Zuwendungen von kirchennahen Organisationen, die zum Grossteil zweckgebunden sind für Entwicklungs-, Not- und Soforthilfe, sowie für Menschenrechtsarbeit.

Zu den jährlichen Mitgliedsbeiträgen sagte Wremer, sie seien eine wichtige Einnahmequelle für den LWB und ein Ausdruck der Verbundenheit mit der Gemeinschaft. Bei der Ressourcen-Konsultation 1999 wurde beschlossen, einen „fairen Mitgliedsbeitrag“ auf der Grundlage der Mitgliederzahl einer Kirche und des Bruttosozialprodukts des jeweiligen Landes zu errechnen. Die meisten Mitgliedskirchen hätten ihren Beitrag bereits angepasst, andere seien noch bemüht, den neuen, fairen Beitrag zu erreichen.

Wremer hofft, dass die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen in Zukunft nicht nur stabil bleiben, sondern in den kommenden Jahren wieder ansteigen und die errechnete Summe der fairen Mitgliedsbeiträge aller Mitgliedskirchen erzielt wird. Denn dann werde sich die Lage des Genfer Koordinierungshaushaltes deutlich entspannen, und der LWB werde seinen Mitgliedskirchen die von ihnen benötigten Dienste noch besser leisten können. „Ich möchte daher dringend empfehlen, dass alle Mitglieder des LWB den Betrag ihres fairen Mitgliedsbeitrags zahlen“, betonte Wremer. „Angesichts der gegenwärtigen Lage müssen die Erwartungen den finanziellen Tatsachen angepasst werden, während der LWB gleichzeitig neue Finanzquellen erschliessen muss.“

Eine stabilere Finanzlage erscheint besonders wichtig, um die Projekte der Mitgliedskirchen sicherzustellen, von denen Wremer beispielhaft einige erwähnte.

Kirchen reagieren auf die HIV/AIDS-Pandemie

Ziel dieses Programms ist es, die LWB-Mitgliedskirchen an einer offenen Diskussion über HIV/AIDS zu beteiligen, und sie dadurch zu aktivem und couragiertem Handeln zu ermutigen.

Nothilfe und Wiederaufbauprojekt in Äthiopien

Im vergangenen Jahr halfen die Äthiopische Evangelische Kirche Mekane Yesus und der LWB 114.620 Menschen in vier Gegenden mit 2.691 Tonnen von der Europäischen Union gespendeten Lebensmitteln.

Der LWB hat zudem der Stärkung der organisatorischen und institutionellen Fähigkeiten kleinerer Kirchen, besonders im Süden, Priorität eingeräumt. In Asien etwa sind Missionsprogramme und –projekte auf die verstärkte Beteiligung kleinerer Kirchen ausgerichtet.

Von vielen Mitgliedskirchen wurde ausserdem die Notwendigkeit betont, kleinere Kirchen auch in theologischen Angelegenheiten zu unterstützen.

Positive Entwicklung: Der LWB-Stiftungsfonds

Als einen der bisher positivsten Aspekte der finanziellen Entwicklung des LWB erwähnte Wremer den LWB-Stiftungsfonds. Globale Wirtschaftskrisen, Rezessionen und Wechselkursschwankungen bei den Beiträgen von den Mitgliedskirchen könnten jedoch die Tätigkeit des LWB gefährden.

Wremer betonte auch die Bedeutung der ökumenischen Arbeit für den LWB und die Mitglieder des Weltbundes. Der LWB sollte ihrer Meinung nach seine Kooperation mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) weiter ausbauen. Eine Möglichkeit könne sein, Vollversammlungen in Abstimmung miteinander abzuhalten.

Die Schatzmeisterin erwähnte den Fall des Auguste Victoria-Krankenhauses in Jerusalem. Es habe unter schwierigen politischen und finanziellen Bedingungen arbeiten müssen. Der Steuerstreit mit den israelischen Behörden, die auf Zahlung einer Arbeitgebersteuer bestünden, werfe einen Schatten auf die künftige Existenzfähigkeit des Krankenhauses. Der LWB habe bei einem höheren Gericht Einspruch eingelegt und sich gleichzeitig zusammen mit den Mitgliedskirchen um politische Unterstützung von verschiedenen Regierungen bemüht, berichtete Wremer. „Um den dortigen Mitgliedskirchen sowie den PalästinenserInnen ein Zeichen der Hoffnung zu geben, möchte ich die Mitgliedskirchen zur Fürbitte für das Krankenhaus und zu Beiträgen für seine finanzielle Absicherung ermutigen, beispielsweise durch besondere Kollekten“, so Wremer weiter.

Die wirtschaftliche Lage und finanziellen Möglichkeiten der Kirchen, die Gemeinschaft zu unterstützen, variieren beträchtlich. Nach den Ausführungen der Schatzmeisterin fehlen von den 136 Mitgliedskirchen in 76 Ländern einigen die wirtschaftlichen Mittel, in vollem Umfang am LWB teilzuhaben oder das neu gesteckte Ziel zu erreichen, den fairen Mitgliedsbeitrag zu leisten. „Reichere Kirchen könnten helfen, indem sie zusammen mit Partnerorganisationen Tendenzen zur Kräftekonzentration abbauen. Die Stärkung der finanziellen und organisatorischen Fähigkeiten kleinerer Kirchen ist eine wichtige Aufgabe“, betonte Wremer.

 Quo vadis, LWB?

Zum Schluss ihrer Ausführungen gab die Schatzmeisterin einen Ausblick in die Zukunft der Organisation. Der Weg sollte ihrer Meinung nach die „Stärkung der Unabhängigkeit in gegenseitiger Verantwortlichkeit“ sein. Ressourcen und Erfahrungen müssten miteinander geteilt, gemeinsam durchgeführte Missionsprogramme gefördert werden. „Als unterstützende Kirchengemeinschaft wird dies auch in Zukunft unsere Aufgabe sein“, schloss Wremer. (1.256 Wörter)


Die Zehnte LWB-Vollversammlung vom 21. bis 31. Juli 2003 im kanadischen Winnipeg steht unter dem Thema: „Zur Heilung der Welt“. Gastgeberin der Vollversammlung ist die Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada (ELKIK).

An der Zehnten Vollversammlung nehmen rund 820 Personen teil, darunter 380 Delegierte der 133 LWB-Mitgliedskirchen sowie VertreterInnen der drei assoziierten Mitgliedskirchen. Die in der Regel alle sechs Jahre stattfindende LWB-Vollversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan des LWB. Zwischen den Vollversammlungen führen der Rat und sein Exekutivkomitee die Geschäfte des LWB.

Zur Bestellung von Fotos zur LWB-Vollversammlung wenden Sie sich bitte an: [email protected]

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