LWB-Vollversammlungen
1947 - 1997
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der LWB-Vollversammlung 1997 in Hongkong, entworfen von Dr. He
Qi |
Die
LWB-Vollversammlungen sind Meilensteine und Kundgebungen des
gesamten Lutherischen Weltbundes und finden in der Regel alle sechs
Jahre statt. Sie sind das höchste Organ, das die Handlungsvorgaben
und Arbeit des LWB bestimmt.
Die
bisherigen Vollversammlungen
1947
- Lund, Schweden: „Die lutherische Kirche in der Welt von
heute"
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Lund
1947: Teilnehmer der LWB-Gründungsvollversammlung |
200 stimmberechtigte Delegierte fanden sich vom 30. Juni
bis 6. Juli 1947 zur Gründungs-Vollversammlung des Lutherischen
Weltbundes (LWB) in Lund (Schweden) zusammen. Viele Delegierte kamen
aus ausgebombten Städten, aus Ländern, die in den Sog des Zweiten
Weltkrieges hineingezogen worden waren. Die Mehrzahl der
TeilnehmerInnen war entschlossen, die Feindbilder hinter sich zu
lassen. Man wollte neue Wege des Zusammenlebens in einer
christlichen Gemeinschaft einschlagen. (TOP)
1952
- Hannover, Deutschland: „Das lebendige Wort in einer
verantwortlichen Kirche"
Die Zweite LWB-Vollversammlung fand vom 25. Juli bis 3.
August 1952 in Hannover (Deutschland) statt. Sie tagte in einer
Stadt, die vom Zweiten Weltkrieg gezeichnet war. Die Altstadt war
weitgehend zerstört und ihre Ruinen waren erst teilweise beseitigt.
Der Wille zum Wiederaufbau war allerdings längst sichtbar. Für
Deutschland war die Tagung von grosser Bedeutung. Erstmals tagte
eine grosse internationale Organisation in Deutschland und wählte
einen Deutschen zum Präsidenten. Die Zweite Vollversammlung diente
dazu, die Organisation des LWB auszubauen. Es wurden die
Theologische Abteilung, der Lutherische Weltdienst und die Abteilung
für Weltmission eingerichtet. Dem Ziel, strukturelle Defizite
abzubauen, dienten zwei weitere Beschlüsse. Die Verfassung wurde
dahingehend geändert, dass mindestens vier Laien dem
Exekutivkomitee angehören sollen. Ausserdem wurde beschlossen, dass
Jugenddelegierte künftig Sitz und Stimme in der Vollversammlung und
in allen ihren Sektionen erhalten. (TOP)
1957
- Minneapolis, USA: „Christus befreit und eint"
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„Christus befreit und eint" |
An der Dritten LWB-Vollversammlung in Minneapolis
(Minnesota/USA) vom 15. bis 25. August 1957 nahmen 241 Delegierte
teil. 145 Delegierte kamen aus Europa (67 aus Deutschland und 48 aus
skandinavischen Ländern), 60 aus Nordamerika, 16 aus Asien, sieben
aus Lateinamerika und fünf aus Afrika. Trotz Visaproblemen nahmen
auch einige Delegierte aus Osteuropa teil. Das zweite Jahrzehnt nach
Ende des Zweiten Weltkrieges war geprägt von Optimismus
hinsichtlich der Zukunft der institutionalisierten Religion. Die neu
entstandenen Nationen in Afrika sahen sich bei dem Versuch, die Last
der Kolonialzeit hinter sich zu lassen, mit schwierigen politischen
und sozioökonomischen Fragen konfrontiert. ChristInnen in Asien
mussten sich mit kommunistischen und nationalistischen Ideologien
auseinandersetzen und der „kalte Krieg" zwischen Ost und West
spaltete die LutheranerInnen in Europa. (TOP)
1963
- Helsinki, Finnland: „Christus heute"
Die Vierte LWB-Vollversammlung fand vom 30. Juli bis
11. August 1963 in Helsinki (Finnland) statt. Der historische
Kontext war geprägt von immer enger werdenden Verbindungen zwischen
den Ländern und Kontinenten und einer stetig zunehmenden
Mobilität. Der technische Fortschritt wurde ebenso begrüsst wie
die Einrichtung des Radiosenders „Stimme des Evangeliums" in
Addis Abeba (Äthiopien), der im Februar 1963 den Betrieb aufnahm.
Es war eine Zeit der ökumenischen Aufbrüche, im Oktober 1962 wurde
das Zweite Vatikanische Konzil in Rom (Italien) eröffnet. Die
LWB-Vollversammlung beschloss die Einrichtung der Lutherischen
Stiftung für Ökumenische Forschung, die später zur Gründung des
Instituts für Ökumenische Forschung in Strassburg (Frankreich)
führte. Hauptereignis der Vollversammlung war die Diskussion über
die Rechtfertigungslehre, doch letztlich scheiterte die
Verabschiedung des Dokuments „Rechtfertigung heute", mit dem
„Menschen von heute" angesprochen werden sollten. (TOP)
1970
- Evian, Frankreich: „Gesandt in die Welt"
Die Fünfte LWB-Vollversammlung vom 14. bis 24. Juli
1970 in Evian (Frankreich) hatte auf die Entwicklung des LWB einen
grösseren Einfluss als jede vorangegangene oder nachfolgende
Vollversammlung. Pläne, die Vollversammlung in Weimar (Deutsche
Demokratische Republik) abzuhalten, scheiterten letztlich an der
Ablehnung der Regierung der DDR. Das LWB-Exekutivkomitee nahm 1967
die Einladung der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in
Brasilien an, die Vollversammlung 1970 in Porto Alegre zu
veranstalten. Es wäre die erste Vollversammlung in einem
Entwicklungsland gewesen. Proteste aus den Mitgliedskirchen
vorrangig vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl von
Menschenrechtsverletzungen in Brasilien führten zu einer
kurzfristigen Verlegung der Vollversammlung nach Evian (Frankreich).
Mit rund 30 Delegierten zwischen 18 und 25 Jahren war es eine „junge"
Vollversammlung. Die jungen Menschen forderten eine Änderung der
Geschäftsordnung und hinterfragten bisherige Traditionen. Die
Vollversammlung nahm eine neue LWB-Struktur an und verabschiedete
einen Beschluss zu den Menschenrechten. Weiterhin sprach sie eine
Empfehlung hinsichtlich der Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft
zwischen LWB-Mitgliedskirchen aus. (TOP)
1977
- Daressalam, Tansania: „In Christus - eine neue
Gemeinschaft"
Vom 13. bis 25. Juni 1977 fand die Sechste
LWB-Vollversammlung in Daressalam (Tansania) statt - zum ersten Mal
in Afrika und damit der sogenannten „Dritten Welt". Themen,
mit denen die afrikanischen Kirchen konfrontiert waren, prägten die
Vollversammlung. Hinsichtlich der Rassentrennung in den „weissen"
Kirchen im südlichen Afrika wurde die Frage aufgeworfen, ob diese
Haltung mit der Bekenntnisgrundlage der lutherischen Kirche
vereinbar sei. Die Delegierten verabschiedeten schliesslich die
Erklärung „Südliches Afrika: Konfessionelle Integrität",
in der die Vollversammlung die „weissen" Mitgliedskirchen im
südlichen Afrika aufforderte, anzuerkennen, dass die gegenwärtige
„Situation einen Status Confessionis" darstellt und dass die
Kirchen „auf der Basis des Glaubens und um die Einheit der Kirche
zu manifestieren öffentlich und unzweideutig das bestehende
Apartheid-System ablehnen" müssen. Die Erklärung „Herausforderung
an die Kirchen" fasste die lutherische Haltung zur Mission
zusammen und betonte die Notwendigkeit, ChristInnen und Gemeinden
für das christliche Zeugnis und für globale Partnerschaft in der
Mission auf allen sechs Kontinenten zuzurüsten. Die Vollversammlung
empfahl die Einrichtung eines Jugendreferats sowie eines beratenden
Ausschusses für Jugendarbeit und forderte das Exekutivkomitee auf,
eine hauptamtliche Stelle für Frauenfragen einzurichten. (TOP)
1984
- Budapest, Ungarn: „In Christus - Hoffnung für die
Welt"
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Über
9.000 TeilnehmerInnen beim Eröffnungsgottesdienst in Budapest |
Die Siebente LWB-Vollversammlung fand vom 22. Juli
bis 5. August 1984 in Budapest (Ungarn) statt. Es war das erste
Treffen einer grossen internationalen christlichen Organisation in
einem sozialistischen Land des ehemaligen Ostblocks. Die
Vollversammlung suspendierte die LWB-Mitgliedschaft zweier „weisser"
Kirchen aus dem südlichen Afrika aufgrund ihrer Unterstützung der
Apartheid und mangelnder Bereitschaft, der Rassentrennung in ihren
Kirchen ein Ende zu setzen. In die Verfassung wurde die Erklärung
aufgenommen, dass sich alle Mitgliedskirchen in Kanzel- und
Abendmahlsgemeinschaft befindlich wissen. Weiterhin wurde der
Beschluss gefasst, dass mindestens 40 Prozent der Delegierten bei
der Achten Vollversammlung und mindestens 50 Prozent bei der Neunten
Vollversammlung Frauen sein sollten. (TOP)
1990
- Curitiba, Brasilien: „Ich habe das Schreien meines Volkes
gehört"
Die erste lange erwartete LWB-Vollversammlung in
Lateinamerika fand vom 29. Januar bis 8. Februar in Curitiba
(Brasilien) statt. Die Vollversammlung tagte in einer Zeit grosser
internationaler Umbrüche, es war die erste Vollversammlung nach dem
Fall der Berliner Mauer. Zu den zentralen Themen in Curitiba
gehörten die Annahme einer neuen LWB-Verfassung und die Billigung
einer umfassenden Umstrukturierung des LWB, um das neue
Selbstverständnis als Communio besser wiederzugeben. Ein wichtiger
Schritt des LWB auf dem Weg zu einer universalen und
gleichberechtigten weltweiten Gemeinschaft war der Beschluss, dass
sich der LWB-Rat zu gleichen Teilen aus Personen der südlichen und
der nördlichen Hemisphäre zusammensetzen sollte. Weiterhin
bekräftigten die Delegierten das Ziel, volle Kirchengemeinschaft
der lutherischen Kirchen mit den Kirchen der Anglikanischen
Gemeinschaft zu erlangen. (TOP)
1997
- Hongkong, China: „In Christus - zum Zeugnis berufen"
Am 8. Juli 1997, eine Woche nach der Übergabe
Hongkongs an die VR China, versammelten sich über 400 Delegierte
aus 122 lutherischen Kirchen aus der ganzen Welt zur Neunten
LWB-Vollversammlung in Hongkong (China). Sie war aus verschiedenen
Gründen eine epochemachende Vollversammlung. Es was die letzte
Vollversammlung im 20. Jahrhundert, zudem beging der LWB sein 50.
Jubiläum. Weiterhin war es die erste weltweite lutherische
Zusammenkunft auf dem asiatischen Kontinent. In Hongkong wurden die
Mitgliedskirchen aufgefordert, die Gemeinsame Erklärung zur
Rechtfertigungslehre zwischen dem LWB und der römisch-katholischen
Kirche zu prüfen und ihr gegebenenfalls zuzustimmen. Erstmal waren
nahezu 50 Prozent der Delegierten Frauen. Die Vollversammlung
bekräftigte das Engagement für die Frauenordination als Ausdruck
der Gemeinschaft aller in Christus Getauften bei der Bezeugung des
Evangeliums. Die Delegierten unterstützten die Überlegungen und
Dialoge der Mitgliedskirchen in Bezug auf das ordinierte Amt in
einem Geist der Liebe und gegenseitigen Achtung. (TOP)
Auszüge aus:
Norman A. Hjelm, Prasanna Kumari, Jens Holger Schjørring (Hrsg.),
Vom Weltbund zur Gemeinschaft. Geschichte des Lutherischen
Weltbundes 1947 - 1997, Lutherisches Verlagshaus GmbH, Hannover
1997.
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