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PRESSEMITTEILUNG NR: 08

Von Hongkong nach Winnipeg – Bericht von LWB-Generalsekretär Noko an die Vollversammlung

Noko: Stärke und Einheit des LWB sind von Fähigkeit zu einer engen Gemeinschaft bestimmt

Winnipeg (Kanada), 22. Juli 2003 - Stärke und Einheit des Lutherischen Weltbundes (LWB) sind nach Einschätzung von LWB-Generalsekretär Pfr. Dr. Ishmael Noko von der Fähigkeit zu einer engen Gemeinschaft bestimmt, ohne dabei die Eigenständigkeit der einzelnen Mitglieder zu untergraben. Die gegenseitige Offenheit für Freuden und Sorgen des jeweils anderen sei jedoch bei konkreten Einzelfragen immer auch ein Wagnis, sagte Noko in seinem Bericht an die Zehnte LWB-Vollversammlung am Dienstag, 22. Juli, im kanadischen Winnipeg.

Bei der Festlegung des Themas „Zur Heilung der Welt“ für Winnipeg „waren wir uns der Tatsache bewusst, dass die Welt eine verwundete Welt ist“, stellte Noko fest. Seit der Neunten Vollversammlung 1997 in Hongkong (China) habe sich die fortschreitende Globalisierung auch auf die internationale Arbeit des LWB und seiner Mitglieder ausgewirkt. Zudem hätten die Entwicklung nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA ebenso wie der Irak-Krieg und andere Krisen die zeitlose Bedeutung des Tagungsthemas bestätigt. Als Beispiele nannte Noko die innerstaatlichen Konflikte in der Demokratischen Republik Kongo sowie in Kolumbien, im Nahen Osten, Simbabwe und Liberia.

Insgesamt seien die Kirchen Zeugen einer weiteren Zunahme der positiven wie der negativen Auswirkungen der Globalisierung auf alle Bereiche des menschlichen Lebens geworden, resümierte der Generalsekretär. Einerseits hätten diese Prozesse zur Schwächung von politischen Systemen zur Unterdrückung der Menschen beigetragen. Auch seien neue Mechanismen für eine „globalisierte Gerechtigkeit“ und gegen Straffreiheit wie der Internationale Gerichtshof und eine höhere Wertschätzung der Menschenrechte in den internationalen Beziehungen ein Zeichen der Hoffnung, betonte Noko.

Andererseits seien die vergangenen Jahre auch eine Zeit fortdauernder Ungerechtigkeit, anhaltenden Leids und eskalierender Gewalt gewesen, stellte Noko weiter fest. Dazu gehöre auch eine sich verschärfende Ausgrenzung und Teilung ganzer Bevölkerungsgruppen in den unterschiedlichen Regionen der Welt. „Etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung haben noch nie ein Telefon in der Hand gehabt, eine E-Mail verschickt oder sind im Internet gesurft“, sagte der Generalsekretär. Mit schätzungsweise 2,8 Milliarden Menschen müssten rund die Hälfte der Menschheit und fast alle Menschen in den Entwicklungsländern mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen.

Die Kluft zwischen Arm und Reich sei „noch nie so gross wie heute“ gewesen, fasste Noko zusammen. Dabei gehörten zu den verheerenden Auswirkungen der Armut „weit mehr“ als nur der Mangel an materiellen Gütern: „Sie fügen auch seelische Wunden zu, die die Selbstachtung, das Selbstwertgefühl und das Vertrauen der Menschen untergraben.“ Damit werde zugleich „jeglicher Begriff von Gemeinschaft und Communio“ untergraben, bekräftigte Noko.

Der Generalsekretär erinnerte die Kirchenvertreter daran, dass die Altar- und Kanzelgemeinschaft „unsere gegenseitige geistliche Verbundenheit“ zum Ausdruck bringe, „durch die wir auch mit der universalen Kirche vereint sind“. Ohne die verbindende Kraft des Evangeliums, der Taufe und des Abendmahls könnte der LWB als zivilgesellschaftliche Organisation funktionieren, „aber er wäre keine Gemeinschaft von Kirchen“. Die institutionellen Bindeglieder des LWB wie Vollversammlung, Rat, Nationalkomitees und Sekretariat seien als „integraler Bestandteil“ für das Leben des LWB unverzichtbar. Sie stellten zwar nicht die Communio dar, aber ermöglichten es ihr, „richtig und sinnvoll“ als geistliche Gemeinschaft zu funktionieren.

„Communio ist immer auch Kommunikation“, bekräftigte Noko. Dies gelte sowohl in theologischer wie in praktischer Hinsicht und betreffe die Theologie der Sakramente und das Verständnis von Erlösung ebenso wie die Art und Weise, „wie wir als Einzelne und als Organisation“ in der modernen Informationsgesellschaft miteinander in Beziehung treten. Das LWB-Sekretariat versuche gegenwärtig, zur Bewältigung der Herausforderungen auf diesem Gebiet Mitgliedskirchen und Partnerorganisationen stärker zur Entwicklung von Kommunikationsstrategien zu ermutigen.

In diesem Zusammenhang verwies der Generalsekretär auf den LWB-Nachrichtendienst „Lutherische Welt-Information“ (LWI), der umfassend über das Leben der lutherischen Kirchen und ihre Existenzbedingungen in aller Welt informiere und darüber hinaus über ökumenische Entwicklungen berichte. Als Partner von ENI (Ecumenical News International/Ökumenische Nachrichten International) versorge der LWB zudem Medien in aller Welt mit wichtigen Nachrichten über die Aktivitäten von Kirchen und kirchlichen Organisationen. Verstärkt würden Anstrengungen unternommen, um den Informationsaustausch zwischen der LWB-Mitgliedschaft sowie zwischen dem LWB und ökumenischen und säkularen Medien zu intensivieren, fügte Noko hinzu.

Im weiteren Bericht zeigte sich der Generalsekretär besorgt, dass die Unfähigkeit zu einem gemeinsamen lutherischen Zeugnis „die Integrität unserer Mission“ untergrabe und die Ausstrahlungskraft des ökumenischen Engagements vermindere. „Sollte nicht die gemeinsame Bekräftigung der lutherischen Bekenntnisschriften für eine Kirchengemeinschaft der lutherischen Kirchen ausreichen? Welches sind die wirklichen Gründe, die die LutheranerInnen auch heute noch voneinander trennen?“ fragte der Theologe die Vollversammlung mit rund 700 TeilnehmerInnen von lutherischen Kirchen aus aller Welt.

Noko stellte fest, dass seit Gründung des LWB 1947 dessen Mitgliedskirchen für eine Gemeinschaft beten, die alle LutheranerInnen einschliesst, obwohl mehr als drei Millionen Mitglieder lutherischer Kirchen noch immer nicht zum Weltbund gehören. Er brachte seine Genugtuung über die Zusammenarbeit zwischen dem LWB und den anderen lutherischen Zusammenschlüssen auf dem Gebiet der Diakonie zum Ausdruck und unterstrich zugleich, dass die Sehnsucht nach einer vollständigen lutherischen Gemeinschaft noch immer unerfüllt sei.

In diesem Zusammenhang informierte Noko die Vollversammlung, dass zwischen VertreterInnen des Internationalen Lutherischen Rates (ILC) und dem LWB ein Konsultationsprozess begonnen hat, in dem Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede im theologischen Bereich, in konfessionellen und in ökumenischen Fragen herausgearbeitet werden sollen. Er hoffe sehr, dass diese Gespräche „substanzielle Fortschritte“ auf diesen Gebieten ermöglichen, fügte der Generalsekretär hinzu.

Ausdrücklich bekannte sich Noko zur ökumenischen Bewegung, der sich der Weltbund von seinem Selbstverständnis her „von Anfang an verbunden gefühlt“ habe. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei diese Bewegung „ein zutiefst bedeutsamer Heilungsprozess“. Die im Oktober 1999 unterzeichnete Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE) sei ein wichtiger bilateraler Fortschritt auf internationaler Ebene. „Ohne Mitwirkung des LWB hätte dieser Fortschritt nicht erreicht werden können“, betonte Noko.

Darüber hinaus seien seit der Neunten Vollversammlung mit AnglikanerInnen, MethodistInnen, Herrnhutern und Reformierten Vereinbarungen über Kirchengemeinschaft ausgehandelt und angenommen worden. In der grossen Mehrheit aller bilateralen Gemeinschaftsvereinbarungen in der Welt seien lutherische Kirchen ausdrücklich mit einbezogen. Dennoch seien in Zukunft „grosse und neue Anstrengungen“ erforderlich, damit diese Entwicklungen „auch in der südlichen Hemisphäre in grösserem Ausmass stattfinden“.

 Noko informierte über den Fortgang der „soliden Arbeit“ in den internationalen Dialogkommissionen mit den orthodoxen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche sowie über Gespräche mit den Siebenten-Tag-Adventisten, der Anglikanischen Kirchengemeinschaft und dem Reformierten Weltbund. Den Berichten über diese Gesprächsprozesse sollten in der weiteren Arbeit des LWB „hohe Priorität“ eingeräumt werden, forderte der Generalsekretär die VertreterInnen der 136 lutherischen Mitgliedskirchen auf. Zugleich verwies er auf die wachsende ökumenische Bedeutung des Dialogs mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und den weltweiten christlichen Gemeinschaften (CWCs). Der LWB und seine Mitglieder sollten in den gegenwärtigen  Diskussionen über das Wesen und die Bestimmung des ÖRK und die Notwendigkeit einer Neugestaltung der ökumenischen Bewegung in der Zukunft „eine aktive und konstruktive Rolle“ spielen.

 Die Diskussion um eine mögliche Namensänderung des LWB seit der Neunten Vollversammlung habe zugleich verdeutlicht, dass die Auseinandersetzungen um das Selbstverständnis des Weltbundes „theologisch gereift“ seien, sagte Noko weiter. Als möglicher neuer Name der Organisation sei auf der Ratssitzung im September 2002 die Bezeichnung Lutherischer Weltbund – eine Gemeinschaft von Kirchen (LWB) bestätigt worden.

 Weitere Schwerpunkte im Bericht des Generalsekretärs waren die Rolle des LWB in Mission und Diakonie, das Engagement zu globalen und regionalen Aspekten des interreligiösen Dialogs und die Bemühungen um die Verwirklichung der Vision von einer „inklusiveren Gemeinschaft“ von Frauen und Männern im Weltbund und seinen Kirchen. Der Bericht behandelte ferner das Bischofsamt in der Kirche, die Lebensbedingungen indigener Völker in aller Welt, Arbeitsbedingungen und Konflikte innerhalb der Mitgliedskirchen, Probleme der HIV/AIDS-Pandemie sowie den Komplex gesellschaftlicher und ethischer Fragen. (1.229 Wörter)


Die Zehnte LWB-Vollversammlung vom 21. bis 31. Juli 2003 im kanadischen Winnipeg steht unter dem Thema: „Zur Heilung der Welt“. Gastgeberin der Vollversammlung ist die Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada (ELKIK).

An der Zehnten Vollversammlung nehmen rund 820 Personen teil, darunter 380 Delegierte der 133 LWB-Mitgliedskirchen sowie VertreterInnen der drei assoziierten Mitgliedskirchen. Die in der Regel alle sechs Jahre stattfindende LWB-Vollversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan des LWB. Zwischen den Vollversammlungen führen der Rat und sein Exekutivkomitee die Geschäfte des LWB.

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